Wie die Raumfahrt der Energiewende hilft

Daten aus dem All können helfen, die Energiewende auf der Erde zu beschleunigen und das Klima zu schützen. Wie das gelingen soll, steht in der neuen Raumfahrtstrategie der Bundesregierung.

Ein Satellit im Orbit -m Hintergrund die Erde.© ESA / NASA

Seit die vergangene Raumfahrtstrategie 2010 durch die Druckmaschinen lief, ist die Welt sowohl auf der Erde als auch im All eine andere. Eine erheblich veränderte geopolitische Lage, eine rasante Kommerzialisierung der Raumfahrt und die klimatischen Veränderungen auf unserem Planeten haben die Bundesregierung veranlasst, die deutsche Raumfahrtstrategie neu aufzustellen.

Die Ende September 2023 erschienene neue Raumfahrtstrategie soll in neun Handlungsfeldern den neuen Herausforderungen unserer Zeit und der dadurch deutlich gestiegenen Relevanz der Raumfahrt Rechnung tragen. Dazu gehören die Themenbereiche “Europäische und internationale Zusammenarbeit“; „Raumfahrt als Wachstumsmarkt, Hightech und New Space“; „Klimawandel, Ressourcen und Umweltschutz“; „Digitalisierung, Daten und Downstream“; „Sicherheit, strategische Handlungsfähigkeit und globale Stabilität“; „Nachhaltige Nutzung des Weltraums“; „Weltraumforschung“; „Internationale Weltraumexploration“ sowie „Raumfahrt im Dialog und Gewinnung von Talenten“.

Konkreter Nutzen für die Menschen steht im Mittelpunkt

Für die Bundesregierung steht der konkrete Nutzen für die Menschen im Mittelpunkt ihrer Raumfahrtpolitik. Raumfahrt muss sich dem Wettbewerb mit anderen Technologiebereichen stellen und sich daran messen lassen, ob für die Aufwendungen ein angemessener wissenschaftlicher, gesellschaftlicher oder kommerzieller Nutzen erwartet werden kann, heißt es in der Strategie.

Für die Energiewende und den Klimaschutz birgt die Raumfahrt viele Chancen. Ohne die Raumfahrt hätten wir heute beispielsweise eine weitaus ungenauere Vorstellung des Klimawandels und der daraus entstandenen Klimakrise. Erdbeobachtungsdaten mittels Satelliten versorgen uns mit den nötigen Informationen über die Veränderungen des Klimas und die Folgen des Klimawandels.

Satellitendaten unterstützen in vielen Bereichen

Satellitendaten unterstützen beim Monitoring von Ökosystemen und werden zum Beispiel für den Erhalt und zur Renaturierung etwa von Mooren und Auenlandschaften genutzt. Hier findet mithilfe der Raumfahrt viel Forschungsarbeit statt. Mit dem Klimasatelliten EnMAP, der 2022 ins All gestartet ist, hat Deutschland dafür einen wichtigen Beitrag geleistet. EnMAP soll Informationen über den Zustand und die Entwicklung von Ökosystemen sammeln. Auch die Satelliten des Copernicus-Programmes der EU und der europäischen Weltraumorganisation ESA liefern hier wichtige Informationen.

Die Raumfahrtstrategie unterstützt auch den Übergang zu einer nachhaltigen, klimaangepassten Land-, Fischerei- und Forstwirtschaft. Mittels Satellitendaten kann zum Beispiel gezielt der Bedarf an Dünge- sowie Pflanzenschutzmitteln auf Ackerflächen erkannt werden. Satellitendaten liefern zudem auch wichtige Hinweise für den optimalen Standort von Solar- und Windkraftanlagen, was die Bedeutung der Raumfahrt für die Energieversorgung zukünftig noch erhöhen wird.

Mit der Mission GRACE-C wollen Klimaforscher die weltweiten Grundwasservorräte aus dem All noch präziser messen. Bereits mit Hilfe der vorangegangenen beiden GRACE-Missionen wurden viele Daten zum Schwerefeld der Erde und damit zum Wasserhaushalt gesammelt. So konnten das Abschmelzen der Gletscher in Gebirgen und an den Polen quantifiziert und Änderungen an den globalen Meeresströmungen nachgewiesen werden. Mit der dritten GRACE-Mission sollen die langjährigen Datenreihen und ihre wertvollen Erkenntnisse weiter ergänzt werden.

Mit hochaufgelösten Satellitenmessungen der atmosphärischen Treibhausgaskonzentration lässt sich beispielsweise die Emissionsstärke von lokalen CO2- und Methanquellen vom Weltall aus bestimmen.Mit hochaufgelösten Satellitenmessungen der atmosphärischen Treibhausgaskonzentration lässt sich beispielsweise die Emissionsstärke von lokalen CO2- und Methanquellen vom Weltall aus bestimmen. © ESAvergrößernSatellitenbild Methanquellen

So hilft die präzise Emissionsmessung aus dem Weltraum

Eines von zwölf in der Raumfahrtstrategie vorgestellten Schlüsselprojekten ist die präzise Emissionsmessung aus dem Weltraum, die letztlich zur systematischen Reduzierung der klimaschädlichen Emissionen beitragen kann. Darüber hinaus soll ein integriertes Treibhausgas-Monitoringsystem für Deutschland aufgebaut werden.

Beginnend mit einer CO2 Monitoring Mission ab 2026 soll die Copernicus-Satellitenflotte bis 2028 um sechs weitere sogenannte Expansion Sentinel-Missionen erweitert werden. Die bereits in Entwicklung befindliche deutsch-französische Satellitenmission Merlin soll ab 2028 mit großer Genauigkeit globale Methanmessungen durchführen. Zusammen können sie den Europäischen Green Deal und die Erreichung der europäischen Klimaziele wesentlich unterstützen und Europas weltweite Spitzenstellung in der Erdbeobachtung zukünftig sichern. Auch im internationalen Rahmen engagiert sich Deutschland dafür, die Bedeutung der Raumfahrt für den Umwelt-, Natur- und Klimaschutz sowie die Klimaanpassung sichtbar zu machen.

Europäische und weltweite Kooperationen sind ein Muss

Seit ihrer Gründung 1975 ist Deutschland Mitglied der europäischen Weltraumorganisation ESA. Inzwischen haben sich 21 weitere europäische Staaten angeschlossen. Weil sich so die hohen Kosten vieler Raumfahrtmissionen auf zahlreiche Schultern verteilen lassen und die Expertisen vieler Länder eingebracht werden können, ist Europa heute mit dem Erdbeobachtungsprogramm der ESA und dem gemeinsam mit der EU finanzierten Copernicus'-Programm weltweit führend.

Darüber hinaus sind Kooperationen sowohl innereuropäisch als auch außereuropäisch ein Muss, um viele der hochkomplexen Missionen ins Weltall zu stemmen. Das gilt zum Beispiel für das von den USA, Kanada und der ESA (European Space Agency) gemeinsam entwickelte revolutionäre Weltraumteleskop James Webb oder für astronautische Missionen zum Mond, bei denen neben den drei genannten auch noch Japan und andere Nationen zusammenarbeiten.