Energiewende lokal: Städte als Vorreiter bei Energieeffizienz

Dr. Eckart Würzner ist Oberbürgermeister von Heidelberg und Präsident des Verbundes "Energy Cities". Für "Energiewende direkt" schreibt er über die Bedeutung der Kommunen für die Energiewende und Heidelbergs Erfahrungen mit der Passivhaussiedlung Bahnstadt.

Dr. Eckart Würzner, Oberbürgermeister von Heidelberg und Präsident des Verbundes „Energy Cities“© Hentschel

Der Verbund "Energy Cities" hat seine Arbeit vor 25 Jahren aufgenommen, als Klimaschutz-Themen gerade erst auf der internationalen Agenda auftauchten. Ziel war es, ein europäisches Städtenetzwerk zu etablieren, das als Vorreiter Lobbyarbeit für den Klimaschutz auf europäischer Ebene mit den Auswirkungen auf lokaler Ebene verknüpft. Das Ergebnis: Die lokale Energiewende steht heute ganz oben auf der Agenda der EU.

Grundstein für länderübergreifende Energiewende

Unter den rund 1.000 Mitgliedsstädten im Netzwerk "Energy Cities" sind viele Erfolgsbeispiele, die gezeigt haben, dass die Energiewende und eine Reduktion der CO2-Emissionen möglich sind. Das Netzwerk legte den Grundstein für länderübergreifende Kooperationen im Bereich Nachhaltige Energie. Von Anfang an bestand der besondere Ansatz der "Energy Cities" darin, die Verbindung zwischen den Energieressourcen und den Gebieten, in denen sie genutzt werden, wiederherzustellen, und dabei lokale Kompetenzen auszuschöpfen und auf lokale Besonderheiten einzugehen. Der Verbund "Energy Cities" hilft, die manchmal komplexe europäische Gesetzgebung zu verstehen, unterstützt bei der Finanzierung von Maßnahmen und Programmen und ermutigt die Mitgliedsstädte, an europaweiten Projekten teilzunehmen.

Schwerpunkt vieler EU-Projekte, die "Energy Cities" für europäische Kommunen koordiniert, ist das Thema Energieeffizienz. Zu den Europäischen Richtlinien zum Thema Energieeffizienz (Energy Efficiency Directive) gibt der Verbund politische Stellungnahmen ab.

Eine ganz wesentliche Beobachtung von uns ist, dass die Energiewende in Ländern, in denen Städte und Regionen mehr Unabhängigkeit und Kontrolle über ihr Energiemanagement haben, größere Aussichten auf Erfolg hat. Das ist der Fall in Deutschland, wie ich am Beispiel von Heidelberg schildern möchte.

Klimaschutz: Privathaushalte haben besondere Bedeutung

Bis 2050 möchte Heidelberg zur klimaneutralen Kommune werden. Die höchsten CO2-Minderungspotenziale können im Gebäudebestand erschlossen werden. Das ergab jüngst eine Erhebung im Rahmen des Programms Masterplan 100 % Klimaschutz des Bundesumweltministeriums, an dem sich Heidelberg als eine von 19 Modellkommunen beteiligt.

Den privaten Haushalten, die rund 40 Prozent des Kohlendioxid-Ausstoßes in Heidelberg produzieren, kommt eine besondere Bedeutung zu. Unter dem Titel Rationelle Energieverwendung wurde bereits vor mehr als 20 Jahren eines der beständigsten kommunalen Förderprogramme mit Fokus auf Energieeffizienz initiiert. Es gibt Immobilieneigentümern Anreize für den Ausbau erneuerbarer Energien und energiesparendes Bauen und Sanieren. Die Anzahl der Förderanträge – rund 3.300 sind bis heute eingegangen, davon die meisten in jüngster Vergangenheit – spricht für ein wachsendes Interesse.

Als Vorbild vorangehen

Die Stadt Heidelberg selbst geht als Vorbild voran. Bereits 1992 verabschiedete sie als eine der ersten deutschen Großstädte ein kommunales Klimaschutzkonzept und ging eine Selbstverpflichtung zu Energieeffizienz und erneuerbaren Energien ein. Durch energetisches Bauen und Sanieren konnte Heidelberg den Energieverbrauch in städtischen Gebäuden im Vergleich zum Jahr 1993 um die Hälfte verringern. Mit der Passivhaussiedlung Bahnstadt hat die Stadt ein Klimaschutzprojekt mit internationalem Vorbildcharakter auf den Weg gebracht. Mehr als 2.000 Menschen wohnen bereits in Heidelbergs jüngstem Stadtteil, weitere 3.000 sollen dazu kommen. Die Nachfrage ist so hoch, dass die Bauarbeiten zwei Jahre vor Plan liegen.

Kommunen, Bund und Länder müssen Hand in Hand arbeiten

Um das ambitionierte Ziel der klimaneutralen Kommune zu erreichen, muss der Bereich Energieeffizientes Bauen und Sanieren weiter voran gebracht werden. Im Rahmen des Masterplans 100 % Klimaschutz wurden sechs wichtige Strategiesäulen ermittelt. Dazu gehören die Steigerung der Sanierungsrate, die Entwicklung von Lösungen für den Wärmeschutz an denkmalgeschützten und architektonisch besonders wertvollen Gebäuden, der Anreiz von umfassenden Gesamtsanierungen, die Verbesserung des Neubestands, die Steigerung des Anteils CO2-armer Wärmebereitstellung sowie die Gestaltung flexibler Wohnformen. Kommunen, Bund und Länder müssen hier Hand in Hand arbeiten, um wichtige Weichen für die Zukunft zu stellen.

Neben der effizienten Energienutzung in allen Verbrauchssektoren sehen wir einen zentralen klima- und energiepolitischen Regelungsbedarf in der Entwicklung eines Energiemarktes, der einen sicheren wirtschaftlichen Rahmen für den zügigen und kontinuierlichen Ausbau erneuerbarer Energien und die Substitution von Kernenergie und fossilen Energien setzt. Dabei sind der Strommarkt, der Wärmemarkt und die Mobilität gemeinsam zu betrachten, da sie im Zuge der Energiewende eng vernetzt werden müssen. Hierfür ist es wichtig, die wirtschaftliche Basis der Stadtwerke und Bürgerenergiegenossenschaften zu sichern.